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Donnerstag, 28. November 2013

Was man zu schätzen weiß ...

... ist eine Geschichte, die ich heute erzählen möchte. Weil sie mir gefällt und ich dieser Beobachtung, im Laufe meines Lebens, schon einmal begegnet bin. Natürlich nicht mit Viehzeug ... aber mit einer großen Verwandtschaft, die ich in jungen Jahren hatte. 
Die zweite Geschichte erzähle ich gerne, weil sie mir auch schon mal in meinem Leben begegnet ist. Also meine Gedanken sind ihr schon mal begegnet ... 

Was man zu schätzen weiß


Ein Mann kam völlig aufgebracht zum Meister: "Ich brauche dringend Hilfe – sonst werde ich noch verrückt! Meine Frau und ich leben mit unseren Kindern und den Schwiegereltern in einem einzigen Raum. Wir sind mit unseren Nerven am Ende, wir brüllen uns an und schreien. Es ist die Hölle."

"Versprichst du, alles zu tun, was ich dir sage?" fragte der Meister den Mann

"Ich schwöre, ich werde alles tun, was du mir sagst."

"Gut," sprach der Meister "wie viele Haustiere hast du?"

"Eine Kuh, eine Ziege und sechs Küken."

"Nun nimm sie alle zu dir ins Zimmer. Dann komm’ in einer Woche wieder."

Der Mann war entsetzt. Aber er hatte ja versprochen, zu gehorchen. Also nahm er die Tiere mit ins Haus. Eine Woche später kam er wieder, ein Bild des Jammers. "Ich ein nervöses Wrack. Der Schmutz! Der Gestank! Der Lärm! Wir sind alle am Rande des Wahnsinns!" rief er, als er den Meister sah.

"Geh nach Hause", sagte der Meister, "und bring’ die Tiere wieder nach draußen."

Der Mann rannte den ganzen Heimweg. Und er kam am nächsten Tag wieder zum Meister. "Wie schön ist das Leben! Die Tiere sind draußen. Die Wohnung ist ein Paradies – so ruhig und sauber und so viel Platz!"

aus Mello, Anthony de: Eine Minute Weisheit




Wer zu viel philosophiert…


Ein Besucher wollte Schüler in einem Kloster werden. Zuvor wollte er aber mit dem Meister sprechen.

"Meister, könnt Ihr mich lehren, was das Ziel eines Menschenlebens ist?"
"Das kann ich nicht."

"Oder wenigstens seinen Sinn?"
"Das kann ich nicht."

"Könnt Ihr mir das Wesen des Todes erklären und eines Lebens jenseits des Grabes?"
"Das kann ich nicht."

Wütend ging der Besucher davon. Die Schüler waren enttäuscht darüber, dass ihr Meister eine so schlechte Figur gemacht hatte.

Da sagte der Meister tröstend zu ihnen: "Was nützt es, die Essenz des Lebens zu verstehen und seinen Sinn zu begreifen, wenn Ihr es nie gekostet habt? Mir ist es lieber, Ihr esst Euren Pudding, als dass Ihr darüber spekuliert."

aus Mello, Anthony de: Eine Minute Weisheit



10 Kommentare:

  1. Guten Morgen, liebe Margot,
    es ist schön, den Tag mit den Geschichten zu beginnen, die du uns präsentierst.
    Ich wünsche dir einen schönen Tag und grüße dich herzlich
    Regina

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    1. Guten Morgen liebe Regina, es ist schön, deine Worte
      zu lesen. Ich freue mich, wenn ich die richtigen Geschichten
      getroffen habe, danke.
      Wünsche dir auch einen schönen Tag.
      Liebe Grüße, Margot.

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  2. Das sind wieder wunderbare Geschichten, Margot. So wie ich sie mag.
    Mit Weisheit in ihnen, Wiedererkennungswert und Stoff zum Nachdenken.

    Die erste Geschichte ist so wahr! Man hat ja immer irgendwas zu meckern. Und je besser es einem geht, desto weniger nimmt man es wahr. Und wenn sich die Lage einmal verschlechtert hat und man schließlich wieder in den früheren Zustand zurückkommt, über den man ja immer gemault hat, dann empfindet man den wirklich als Paradies. Dieses Bewusstsein sollte man sich immer mit in seinen Alltag nehmen, damit man zu schätzen weiß, was man hat und nicht erst etwas Schlimmes passieren muss.

    Mein Vater hat immer gesagt, wenn man unzufrieden ist, sollte man in ein Krankenhaus gehen und sich die kranken Menschen anschauen. Da ist wirklich was dran.

    Auch die zweite Geschichte ist eine, die man sich auch immer wieder vor Augen halten sollte. Nicht reden über das Leben, was man alles mal tun möchte oder wo man einmal hinreisen möchte. Es einfach machen. Das Leben spüren und auskosten. Keine Vorhaben auf morgen verschieben, sondern sie in die Tat umsetzen. Wer weiß, ob man morgen noch dazu in der Lage ist.

    Vielen Dank für diese Anregungen, Margot. Sie kommen derzeit bei mir genau richtig!

    Liebe Grüße
    Sonja

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    1. Liebe Sonja, über deinen wunderschönen Kommentar freue ich mich sehr, du hast die Geschichten richtig wahrgenommen. Und, du hast in allem Recht, es ist einfach so. Und diesen Satz: "Mein Vater hat immer gesagt, wenn man unzufrieden ist, sollte man in ein Krankenhaus gehen und sich die kranken Menschen anschauen" höre ich auch noch aus dem Mund meiner Eltern.
      Für deine Zeilen, ein herzliches Dankeschön.
      Liebe Grüße, Margot.

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  3. Hallo Margot :)

    sehr schöne Geschichten, wie immer ;) Als es mir sehr schlecht ging im Krankenhaus an Weihnachten vor ein paar Jahren, sagte der Arzt zu mir - hier gibt es Leute denen es noch viel schlechter geht - hm, aber ganz ehrlich - so richtig aufgebaut hat es mich an diesem Tag dann leider doch nicht ;)

    Lieben Gruß und einen gesunden Tag
    Björn :)

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    1. Lieber Björn, das kann ich verstehen, dass dich diese Worte nicht aufgebaut haben. Du hast selbst gelitten, dann zählt es nicht ... es ist für Menschen ohne körperliche Schmerzen gedacht.
      Liebe Grüße, Margot.

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  4. Liebe Margot, meistens geniesse ich deine Beiträge kommentarlos. Nun möchte ich es aber doch wissen. Die Illustrationen, die du verwendest - bist du die Künstlerin? Superbe!

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    1. Nein, liebe Ursula, leider nicht. Einige Fotos oder kleine Veränderungen sind von mir, aber die Illustrationen sind gefundene Werke. :-)
      Danke für das Lesen auf meinen Seiten, es freut mich.
      Liebe Grüße, Margot.

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  5. Hallo Margot,
    dem Kommentar von Sonja ist nichts hinzuzufügen, sie hat wunderbar beschrieben, was aus den von Dir gezeigten Geschichten lernbar ist :)
    Einen schönen und entspannten Abend wünsche ich Dir.
    LG
    Eva

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    1. Hallo Eva, da gebe ich dir recht, Sonja hat alles wunderbar beschrieben, zu unserem Gefallen.
      Dir noch eine gute Nacht.
      Liebe Grüße, Margot.

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