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Sonntag, 15. Dezember 2013

Christkindl Ahnung im Advent ...

... heute ist der 3. Advent, noch 10 Tage und Weihnacht steht vor der Tür. Jetzt wird sich noch einmal besonnen, was muss ich einkaufen, um die Festtage gut zu überstehen ... Da denke ich fast immer nur ans Essen, und ich brauche noch Kartoffeln, um am Heiligabend Kartoffelsalat mit Würstchen zu machen. Ach ja, Würstchen brauche ich auch noch ... na, ich möchte nicht in Hektik verfallen, ich habe ja noch eine Woche zeit. Die ich in aller Ruhe nutzen werde, um "mein" Weihnachtsfest  gut zu gestalten ...

Es ist sogar noch Zeit, um eine Weihnachtsgeschichte zu erzählen ...


Christkindl Ahnung im Advent

Erleben eigentlich Stadtkinder Weihnachtsfreuden? Erlebt man sie heute noch? Ich will es allen wünschen, aber ich kann es nicht glauben, daß das Fest in der Stadt mit ihren Straßen und engen Gassen das sein kann, was es uns Kindern im Walde gewesen ist.

Der erste Schnee erregte schon liebliche Ahnungen, die bald verstärkt wurden,wenn es im Haus nach Pfeffernüssen, Makronen und Kaffeekuchen zu riechen begann, wenn am langen Tische der Herr Oberförster und seine Jäger mit den Marzipanmodeln ganz zahme, häusliche Dinge verrichteten, wenn an den langen Abenden sich das wohlige Gefühl der Zusammengehörigkeit auf dieser Insel, die Tag und Tag stiller wurde, verbreitete.

In der Stadt kam das Christkind nur einmal, aber in der Riß wurde es schon Wochen vorher im Walde gesehen, bald kam der, bald jener Jagdgehilfe mit der Meldung herein, daß er es auf der Jachenauer Seite oder hinter Ochsensitzer habe fliegen sehen. In klaren Nächten mußte man bloß vor die Türe gehen, dann hörte man vom Walde herüber ein feines Klingeln und sah in den Büschen ein Licht aufblitzen. Da röteten sich die Backen vor Aufregung, und die Augen blitzten vor freudiger Erwartung.

Je näher aber der Heilige Abend kam desto näher kam auch das Christkind ans Haus, ein Licht huschte an den Fenstern des Schlafzimmers vorüber, und es
klang wie von leise gerüttelten Schlittenschellen. Da setzten wir uns in den Betten auf und schauten sehnsüchtig ins Dunkel hinaus; die großen Kinder aber, die unten standen und auf eine Stange Lichter befestigt hatten, der Jagdgehilfe Bauer und sein Oberförster, freuten sich kaum weniger.

Es gab natürlich in den kleinen Verhältnissen kein Übermaß an Geschenken, aber was gegeben wurde, war mit aufmerksamer Beachtung eines Wunsches gewählt und erregte Freude. Als meine Mutter an einem Morgen nach der Bescherung ins Zimmer trat, wo der Christbaum stand, sah sie mich stolz mit meinem Säbel herumspazieren, aber ebenso frohbewegt schritt mein Vater im Hemde auf und ab und hatte den neuen Werderstutzen umgehängt, den ihm das Christkind gebracht hatte.

Wenn der Weg offen war, fuhren meine Eltern nach den Feiertagen auf kurze Zeit zu den Verwandten nach Ammergau. Ich mag an die fünf Jahre gewesen sein, als ich zum ersten Male mitkommen durfte, und wie der Schlitten die Höhe oberhalb Wallgau erreichte, von wo sich aus der Blick auf das Dorf öffnete, war ich außer mir vor Erstaunen über die vielen Häuser, die Dach an Dach nebeneinander standen. Für mich hatte es bis dahin bloß drei Häuser in der Welt gegeben.
von Ludwig Thoma (1867-1921)

2 Kommentare:

  1. Hallo Margot :)
    eine schöne Geschichte, die zeigt auch den Blick eines jungen vom Dorf - für mich war als Kind die Stadt auch etwas besonderes - großes. In meinem Dorf gab es vielleicht gerade 1.000 Einwohner (wenn überhaupt) da wusste man immer wer wohin gehört - da sieht man als kleiner Bub die "großen" Orte mit ganz anderen Augen :)
    Lieben Gruß und Dir einen schönen dritten Adventabend
    Björn :)

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    1. Hallo Björn, ich kann dich verstehen, trotzdem ich immer in einer Stadt gewohnt habe. Ein Dorf ist etwas schönes Anheimelndes, was mir immer gefallen hat, und die Zugehörigkeit. Danke für deinen schönen Kommentar.
      Wünsche dir eine schöne, letzte Adventswoche und sende liebe Grüße.
      Herzlichst Margot.

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