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Sonntag, 2. März 2014

Prozess der Narretei ...

... möchte ich das Gerichtsverfahren gegen Christian Wulff benennen. Es passt
in diese Zeit des Karnevals, wo dieser 
Prozess abgehalten wurde. Und, ich bin froh, dass es auch ein Journalist vom "Spiegel" Jan Fleischhauer es so sieht. Wenn ich bedenke, 700 € sind es wert, dass ich ein Gerichtsverfahren, was über Tausende von Euros kostet, zu eröffnen. Für mich ein großer Fehler und wirklich eine Narretei, wie es auch der Prozessausgang belegt. Doch ich möchte Jan Fleischhauer zu Wort kommen lassen. Er schreibt im Spiegel und ich zitiere seine Passagen ...

S.P.O.N. - Der Schwarze Kanal: Maßlose Jäger

Eine Kolumne von Jan Fleischhauer


Wenn sich Journalisten wie Staatsanwälte aufführen, dürfen sie sich nicht wundern, dass sie schlecht aussehen, wenn vor Gericht nichts herauskommt. Vielen Bürgern wird der Fall Wulff als Beispiel für Macht und Machtmissbrauch von Medien in Erinnerung bleiben.


Der MDR-Redakteur Michael Götschenberg hat in seinem Buch "Der böse Wulff?" festgehalten, wie es an Bord des Regierungsfliegers zuging, als der Bundespräsident im Februar 2012 zu seiner letzten Dienstreise nach Italien aufbrach. Wenn die Details der Affäre längst in die Dämmerung des Vergessens gesunken sind, wird diese Szene bleiben.
"Treten Sie nur aus Angst vor Mittellosigkeit nicht zurück?" fragte einer der Journalisten, als Christian Wulff die Presse begrüßte. "Glauben Sie im Ernst, dass sich jemand dafür interessiert, was Sie in Italien vorhaben?", lautete später eine andere Frage. Vier Tage blieben Wulff zu diesem Zeitpunkt noch bis zu seinem Rücktritt, aber für die nachbohrenden Redakteure war schon nicht mehr genug Zeit für die korrekte Anrede. Für sie war das Staatsoberhaupt nur noch "Herr Wulff".
"Absolut grenzwertig" sei das Verhalten gewesen, erinnert sich Götschenberg: Einige Kollegen, die dabei waren, hätten aus Scham zu Boden geschaut. Zu denen, die sich besonders hervortaten, gehörte der "Stern"-Reporter Hans-Martin Tillack. "Etwas frech", findet Tillack im Nachhinein seine Fragen, aber es sei das "Kennzeichen einer Untertanengesellschaft", Amtsträgern eine Ehrerbietung unabhängig von ihrem Verhalten zu gewähren. Normaler menschlicher Anstand hätte auch gereicht, um einen vor solcher Anmaßung zu bewahren.
Man muss an diesen Auftritt noch einmal erinnern, weil er erklärt, warum in der Wulff-Affäre auch das Ansehen derjenigen gelitten hat, die den Präsidenten mit ihren Enthüllungen zu Fall brachten. Den Auftritt an Bord haben nur diejenigen mitbekommen, die dabei waren. Der Verfolgungsstolz einiger Journalisten, die den Präsidenten mit besonderer Aggressivität in die Enge zu bringen versuchten, durchzog hingegen auch ihre Artikel und Talkshow-Auftritte.
Medien waren in ihrer Bewertung einig
Wann immer in Deutschland über Macht und Machtmissbrauch der Medien die Rede ist, fällt der Name Wulff. Dass jemand, für dessen Verhalten die Deutschen nie besonders viel Verständnis hatten, als Presseopfer gilt, ist ein bedenkliches Zeichen. Tatsächlich haben viele Beobachter der Affäre bis zum Schluss geschwankt, was sie schlimmer finden sollen: die Verfehlungen ihres Staatsoberhauptes oder die Maßlosigkeit mancher Medien und ihrer Vertreter.
Viele werden in dem Freispruch vor dem Landgericht Hannover jetzt auch ein Urteil über die insgesamt erhobenen Vorwürfe sehen. Das ist natürlich ungerecht, weil vor dem Gericht nicht über die Einladungen und Vergünstigungen geurteilt wurde, die Wulff in die Zeitungen brachten, sondern nur über den strafrechtlich verwertbaren Teil. Es macht zum Glück einen Unterschied, ob man vor dem Mediengericht schuldig gesprochen wird oder im Namen des Volkes. Umgekehrt ist nicht alles, was juristisch im Bereich des Legalen liegt, für einen Politiker deshalb schon folgenlos möglich.
Was den Fall Wulff von vielen anderen unterschied, war die Einhelligkeit in der medialen Bewertung. Normalerweise ist die journalistische Welt bei politischen Affären in zwei Lager gespalten: Während ein Teil der Presse dem in die Schlagzeilen Geratenen mit immer neuen Enthüllungen das Leben schwer macht, hält ein anderer dem Delinquenten die Treue, womit der Eindruck einer gewissen Ausgewogenheit entsteht. So war es beiWesterwelle, so war es auch bei Guttenberg.
Allianz der Verfolger hat viele Bürger gestört
Im Fall Wulff war diese Arbeitsteilung von vornherein aufgehoben. Es war ausgerechnet die "Bild-Zeitung", die den Stein ins Rollen brachte, und es waren "Bild"-Reporter, die am Ende mit ihren Recherchen zu den Zahlungsmodalitäten eines Sylt-Aufenthalts die Staatsanwaltschaft auf den Plan riefen. So fanden sich plötzlich die Rechercheure von SPIEGEL, "Süddeutsche" und "Stern" im Schulterschluss mit einem Organ, für das mancher von ihnen normalerweise eher Verachtung empfindet.
Wenn alle sich im Urteil einig sind, ist beim Publikum ein fundamentales Fairness-Gefühl berührt. Das ist nichts, was man beklagen sollte, das Gegenteil wäre bedenklich. Die scheinbare Allianz der Verfolger hat viele Bürger gestört, auch wenn sie selber vielleicht zu dem gleichen Schuss kamen wie die Kommentatoren.
Man kann von Journalisten schlecht verlangen, ihren investigativen Ehrgeiz zu zügeln, weil sie damit in Nachbarschaft zu Journalisten geraten, deren Methoden sie ablehnen. Es ist sicher auch ungerecht, wenn engagierte Rechercheure mit den Übereifrigen in einen Topf geworfen werden.
Es würde aber helfen, wenn man darauf achtet, dass sich Reporter nicht wie Hilfsorgane der Ermittlungsbehörden aufführen. Wenn sich Journalisten in Talkshows wie Staatsanwälte gerieren oder sich ihnen sogar mit Informationen andienen, dürfen sie sich nicht wundern, dass sie auch dafür in Haft genommen werden, wenn anschließend aus den Ermittlungen nichts wird.
Bei dieser Verwechslung der Rollen ist man irgendwann Teil des Verfahrens, das man eigentlich nur beobachten und beschreiben wollte. Damit nimmt aber nicht nur die Unabhängigkeit Schaden, auf die sich die Presse beruft, sondern auch das Ansehen beim Publikum, auf dessen Vertrauen man angewiesen ist.
Dieser Artikel von Jan Fleischhauer hat meine vollste Zustimmung, besonders was die Worte über "Die Bild-Zeitung" angeht. Es war für mich kein Journalismus, sondern einfach Hetze gegen ein Staatsoberhaupt. Was in dieser Woche, durch den Ausgang des Prozesses, bewiesen wurde.
Und ich bin froh, dass das Gericht, unabhängig von der Person und dem Amt, zu einer fairen Lösung gekommen ist. Die Staatsanwaltschaft sollte es auch so sehen ... und Ruhe geben. 


2 Kommentare:

  1. Liebe Margot, endlich ist diese Thema durch und das ist auch gut so. Hoffentlich wird was draus gelernt. Ein Politiker zahlt oft einen zu hohen Preis für all zu menschliches Versagen. Er wird von den Medien gnadenlos fertig gemacht.Strafe muss schon sein,wenn wirklich eine Vorteilsnahme vorliegt, aber das rechtfertigt keine Hatz auf den Betreffenden und seine Familie. Das ist eine Schande. Herzliche Grüße, Claudia.

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    1. Liebe Claudia, ich bin nicht für Politiker, aber was die Medien mit Ch.Wulff gemacht haben, war zu viel. Deshalb bin ich froh, dass der Prozess so ausgegangen ist und uns Steuerzahler kein Geld mehr kostet.
      Danke für deinen guten Kommentar. Liebe Grüße, Margot.

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