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Mittwoch, 25. März 2015

Das Geheimnis des Klostergartens

Es ist Frühling und fast jeder möchte eine schlanke Figur haben. Wer Nein sagt, das sind Menschen wie ich. Nicht, dass ich nicht schlank sein möchte, aber ich weiß, es ist vergeblich. Warum soll ich mich Quälen, nicht mehr Genießen, Kalorien zählen, ständig auf die Waage steigen und meine gute Laune verlieren. Den Vorsatz abzunehmen habe ich gehabt, mir extra eine Digital-Waage gekauft, mit der Aufteilung, Fett-, Muskel- und Wasseranteil. Doch es ist nichts für mich, die Gewichtsanzeige ändert sich ständig, trotzdem ich die Vorschrift beachtet habe. Die Waage nicht auf Teppichboden stellen, nicht auf einen wackligen Untergrund stellen usw. Nein, ich möchte keine Tabletten für mein Nervenkostüm einnehmen, damit ich das Abnehmen schaffe. 
Nein, nein, nein, ich bin lieber etwas mollig, habe gute Laune und kann über nachfolgende Geschichte lachen. 


Das Geheimnis des Klostergartens

Das Kloster Drübeck bietet alles, was zur Ruhe und Entspannung benötigt wird und ist eine Idylle am Rande des Harzes. 
Gleich am ersten Tag zog es Angelika und Hans Gustav in den gepflegten Klostergarten, in dem sich der Rosenduft mit einem Hauch geheimnisvoller Vergangenheit vermischte.
Sie hatte ihn auf der Messe kennen gelernt, wo sie beschlossen, an dieser organisierten Fastenkur teilzunehmen. Noch wusste Angelika nicht viel von dem schmalen Mann mit dem schütteren Haar und den zarten Händen, doch träumte sie schon vom gemeinsamen Glück und beschloss, ihn zu behüten wie Mutter Oberin ihre Nonnen.
In der Fastengruppe quälten sich elf Frauen und drei Männer, doch alle behaupteten, zufrieden mit ihrem Geschick zu sein. 
Früh schwelgten die Teilnehmer bei Tee und Vitaminpulver, nachmittags wurde die Safttheke gestürmt und abends war die Hochstimmung vollkommen, wenn in der Gemüsebrühe einige Fasern umher schwammen. Angelika belohnte Hans Gustav stets mit einem Lächeln, wenn er ihr einige Kubikzentimeter des Festessens übrig ließ. Ihr Stolz auf ihn steigerte sich noch, wenn er den Damen galant den Brennnesseltee servierte oder ihre Zitronenscheiben ausquetschte, was ihm allerdings nie ergiebig genug gelang.
Je mehr der Zuckerspiegel bei Hans Gustav sank, desto süßer fand sie ihn, denn sie bildete sich ein, dass er für sie leiden würde. Ihr Mitgefühl für ihn wurde grenzenlos, als Hans Gustav ihr gestand, welche Probleme er mit dem täglichen Einlauf hatte, aber noch wagte sie nicht, ihm bei der Einführung des Irrigators behilflich zu sein.
Auch bei den morgendlichen Atemübungen beobachtete sie ihn mit Sorge, denn seine Atemwellen - vom Bauch über den Rücken zur Brust - glichen dem Furz eines Schwanes auf ruhiger See. So meinte jedenfalls hämisch die dicke Vera, die Tierpflegerin in einem Zoo war. 
Während der Ernährungsberatung registrierte Angelika zufrieden, wie Hans Gustav kluge Fragen stellte, sich eifrig Notizen machte und vom Grab der Äbtissin bis zum rostigen Nagel im Dachgebälk alles fotografierte.
Sie stolzierte täglich mit ihm im Klostergarten, in welchem eine Gruppe von Vikaren ihre Pausen verbrachte und ebenfalls lustwandelte. Ein blasser Jüngling mit schwarzem Haar grüßte stets sehr aufmerksam und blickte ihnen lange nach.

Am vorletzten Tag erhielt Angelika ihren ersten Schock, denn Vera und ihre Freundin entdeckten in der Zeitschrift „Schlank für immer“ einen großen Artikel mit Fotos über ihre Fastenkur. Besonders erbost waren beide, als sie ihre bisherigen Eßgewohnheiten schonungslos aufgelistet fanden. Der Journalist war Hans Gustav, welcher nach Veras Ohrfeige seine Autorenschaft zugab und vor den aufgebrachten Damen fliehen musste. Eine Stunde suchte Angelika ihren Hans Gustav, bis sie ihn schließlich im Klostergarten fand. Da bekam sie ihren zweiten Schock, denn sie sah, wie ihr Liebster mit dem blassen Jüngling Händchen haltend lustwandelte und ihm schließlich einen langen Kuss gab.
von ergusu


12 Kommentare:

  1. :) das war dann aber eine bittere Enttäuschung für Angelika.
    Fastenkuren habe ich bisher noch nie gemacht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es im Leben durchaus auch mal hilfreich sein kann, ruhig ein paar Kilos mehr mit sich zu tragen.
    Wichtig ist doch bei all dem Gewichtkrams, dass wir uns selber wohlfühlen und die Gesundheit keinen Schaden nimmt.
    LG Eva

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    1. Liebe Eva mit deinen Worten stimme ich überein. :-) Eigentlich fühle ich mich Wohl, auch mit Pfunde zu viel. Mit den Gedanken ans Abnehmen möchte ich mich nicht mehr belasten. :-)
      Einen schönen Tag und liebe Grüße, herzlichst Margot.

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  2. Es ist genau wie Eva schreibt.
    Wichtig ist das man sich wohlfühlt und es gesundheitlich nicht bedenklich ist.
    Das gilt für zu viele Kilos aber auch für zu wenige. Das andere Extrem in der heutigen Zeit.

    Ich mache derzeit meine Diät ja weiter. Nicht weil der Frühling kommt. An solchen Mode-Abnehmezeiten habe ich nie teilgenommen. Nein, einfach weil ich mich nicht wohlfühlte. Ich war unzufrieden und mein Selbstbewusstsein am Boden.
    Nun fühle ich mich mit jedem Kilo, dass ich verliere, besser. Meine Lebensfreude steigt und mein Selbstbewusstsein auch. Und so finde ich, jeder sollte sein ganz persönliches Wohlfühlgewicht für sich finden und auch behalten. Egal, ob andere meinen, dass sei noch zuviel oder zu wenig.

    Aber wie gesagt, ich rede natürlich nicht von den Extremen. Da haben die Betroffenen auch keine reale Wahrnehmung mehr von sich selbst.

    Liebe Grüße
    Sonja

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    1. Hallo Sonja, deine Worte gefallen mir. Gesundheitlich habe ich keine Probleme und fühle mich Wohl.
      Wenn du eine Diät machst und du siehst Fortschritte, ist es gut. Wenn die Pfunde deine Seele belasten, ist es auch gut, abzunehmen. Nur dein Selbstbewusstsein solltest du nicht von deinem Gewicht abhängig machen. Deine Intelligenz ist dazu zu groß. Es geht ja nicht nur ums Abnehmen, sondern auch danach, ums Gewicht zu halten. Ein ständiger Kampf.
      Ich wünsche dir jedenfalls viel Erfolg.
      Ganz liebe Grüße sendet dir Margot

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  3. Liebe Margot,
    ich möchte sicherlich auch schlank sein, aber ich habe mich vor längerer Zeit mit
    mir und meiner Figur ausgesöhnt. Es beruhigt mich, dass Rubens an mir seine helle Freude gehabt hätte.
    Deine Geschichte istja so passend (lach).
    Ein sonniges Bergfest wünscht Dir
    Irmi

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    1. Liebe Irmi, mein Gedanke ans Abnehmen war wohl nicht so ernst gemeint.
      Ich nehme mit einem Lachen von meinem Vorhaben Abstand. "Freunde" die mir sagen ich sei zu dick, habe ich auch nicht. Somit habe ich keine seelische Belastung. Na ja, für Rubens hätte ich nicht genug Oberweite.
      Trotzdem, ich bleibe so, wie ich bin ... auch wenn ich heute Appetit auf etwas Süßes habe. :-)
      Dir einen schönen, sonnigen Tag. Herzlichst Margot.

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  4. Die arme Angelika! Eine Fastenkur habe ich noch nicht gemacht, aber mal ein paar Tage weniger gegessen, habe ich schon öfters praktiziert. Sollte ich auch wieder einmal tun, denn durch den Winter (oder besser: Durch meine Essgewohnheiten und die geringere Bewegung während der Wintermonate) habe ich 1-2 Kilo zugelegt. Und die müssen wieder weg! Aber solange ich noch in meine Klamotten passe, habe ich damit kein Problem, zumal ich keinerlei Übergewicht habe.

    LG
    Astrid

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    1. Hallo liebe Astrid, deine Gedanken, die du in Worte kleidest, sind gute Gedanken, auch für mich. Ich werde zwischendurch mal weniger essen, damit ich mein jetziges Übergewicht halte. :-) Außerdem habe ich sehr starke Knochen. Ich weiß, eine bekannte Ausrede.:-) Nein, bei mir ist es wohl die zu geringe Bewegung, die ich vielleicht mit Tanzen abändern kann. Oder besser gesagt, Bewegung zur Musik.
      Danke Astrid für deine Zeilen und einen wundervollen Tag wünsche ich dir. Herzlichst Margot.

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  5. ...pfiu, liebe Margot - ich wollte gerade herzhaft zubeißen ...

    Nun ja - ich mag dich trotzdem :-)

    Monika

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    1. Liebe Monika, du kannst herzhaft zubeißen, ich bin doch von meinem Vorhaben abgekommen. War gestern einkaufen und habe bei Süßigkeiten wieder zugeschlagen...
      Natürlich mag ich dich auch, schon allein wegen deiner wundervollen Fotos. :-))
      Herzlichst Margot.

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  6. ...das Fasten ist heute schon fast ein Trend, für mich aber nicht,
    ich bleibe wie ich bin getreu dem Motto "Du darfst!"

    Liebe Grüße
    Björn :)

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    1. Lieber Björn, du schreibst wieder Worte, die mir gefallen. Ich bleibe auch, wie ich nun mal bin. :-))

      Liebe Grüße, Margot.

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