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Dienstag, 23. Juni 2015

Von der Wahren Lehre und ...

Nein, ich sage nicht, dass es  regnet, es ist doch Sommer. ;-) So sind meine Gedanken, als ich aus dem Fenster schaue, damit möchte ich mich belügen, aber es geht nicht. Vielleicht hilft mal kräftiges Schimpfen, die Erde ist ja auch schon vollgesaugt, mit dem nötigen Nass und hat den Regen nicht mehr nötig. Apropos Nass, da gibt es eine hübsche Geschichte zu erzählen, wenn auch nicht vom Regen ...

Von der Wahren Lehre und der Kunst über Wasser zu gehen

Ein Derwisch, der seine Unterweisung an einer besonders frommen und traditionsbewussten Schule erhalten hatte, ging einst, über letzte Erkenntnisse sinnierend, am Flussufer spazieren.

Plötzlich riss ihn der heilige Ruf der Derwische aus seinen Gedanken. Er hörte genauer hin und stellte fest: ”Was dieser Mann macht ist völlig sinnlos. Wenn er die Silben weiterhin falsch ausspricht, wird er sein Ziel nie erreichen. Ich muss ihm sagen, dass es nicht “YA HU” sondern “U YA HU” heißt. Wahrscheinlich hatte der Unglückliche nie eine richtige Anleitung erhalten und müht sich nun vergeblich. Es ist meine Pflicht unserem unwissenden Bruder den rechten Ruf beizubringen.”

Da das „YA HU“ von der Insel mitten im Fluss kam, mietete er ein Boot und ruderte zu der Insel hinüber. Dort fand er eine ärmliche Schilfhütte, in der ein Mann im Derwisch Gewand sich zu dem ständig wiederholten JA HU, JA HU, JA HU drehte.

“Mein Freund”, sagte der gebildete Derwisch, “zufällig habe ich deine Rufe vernommen und jetzt bin ich gekommen um dich darauf aufmerksam zu machen, dass du den heiligen Ruf falsch aussprichst. Ich halte es einem Glaubensbruder gegenüber für meine Pflicht dir den richtigen Ruf beizubringen, denn: verdient macht sich, wer Rat gibt, wie auch der, der Rat annimmt. Du musst das so aussprechen”, und er machte es ihm einige Male vor.

“Ich danke dir für diese Unterweisung.” bedankte sich der Unterwiesene und neigte demütig sein Haupt.

Der kluge Derwisch stieg wieder in sein Boot, um zum Ufer zurück zu rudern. Er fühlte sich sehr zufrieden und guter Dinge, weil er eine gute Tat vollbracht hatte. Denn schließlich hieß es, wer die heilige Formel richtig ausspreche, könne sogar über Wasser gehen. Er selbst hatte es zwar noch nie gesehen, aber er hoffte dieses Ziel eines Tages selbst zu erreichen.

Noch in Gedanken versunken, hört er von der Insel wieder den falschen Ruf “YA HU” von der Insel herüberklingen. Missbilligend schüttelte er den Kopf über die menschliche Natur und ihre Beharrlichkeit in Irrtümern zu verweilen. Manchen Menschen war einfach nicht zu helfen!

Plötzlich sah er eine seltsame Erscheinung. Von der Insel her näherte sich der andere Derwisch und – er traute seinen Augen kaum – er ging über das Wasser.

Verblüfft hörte er auf zu rudern und starrte der herankommenden Gestalt entgegen.

“Entschuldige Bruder, wenn ich dich noch einmal belästige”, sagte der Insel-Derwisch als er herangekommen war, “bitte unterweise mich noch einmal in der richtigen Lehre. Ich kann mir den heiligen Ruf einfach nicht merken.”


Nun frage ich mich, hat der Insel-Derwisch von ganzem Herzen diese Worte gerufen, dass sein Glaube angenommen wurde? Und hat der gelehrte Derwisch diese Worte nur ausgesprochen, um seine Klugheit zu beweisen und sein Herz war nicht dabei? 
Derwische werden als Quelle der Klugheit, Bescheidenheit und Disziplin anerkannt. Bescheidenheit hat wohl hier den Sieg über Klugheit und Disziplin gehalten.


4 Kommentare:

  1. Eine sehr schöne und weise Geschichte hast Du uns hier gezeigt. Ich denke, nicht das herunterrasseln der Worte, sondern der Glaube daran ist das Wichtigste. Denn wie heißt es so schön: Glaube versetzt Berge. Wenn man stark genug an eine Sache glaubt, versucht man diese ernsthaft in die Tat umzusetzen. Vielfach kommt man damit auch ans Ziel. Manchmal aber reicht es nicht aus, nur daran zu glauben. Sollte man jetzt sagen: Aber immer öfter !? ;-)
    LG
    Astrid

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    1. Liebe Astrid,
      ich finde es gut, dass du diese Geschichte "so" siehst. Ich glaube an die Worte: Glaube versetzt Berge und auch an deinen Zusatz, nicht immer, aber immer öfter.
      Vielleicht ist es einfach schön, daran zu glauben. :-)

      Ich sende dir ganz liebe Grüße, herzlichst Margot.

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  2. Eine sehr schöne Geschichte, Margot.
    Und über Wasser gehen müssen wir hier auch bald lernen... ich gebe Dir recht, ich finde auch, die Erde hat nun genug.... ich erfriere noch!!! Aber ab morgen soll es etwas besser werden... hoffen wir es...

    Liebe Grüße
    Sonja

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    1. Hallo Sonja, der heutige Tag ist wohl der kälteste Tag des Sommers. Wenn ich die Blumen gieße, friert das Wasser zu Eis.. Jedenfalls habe ich dieses Gefühl. Seit dem frühen Morgen habe ich die Heizung an, damit ich Eiszapfen umgehe. Nun warte ich auf den morgigen Tag und hoffe auf Wärme. Danke für deine lieben Worte.
      Ich wünsche dir trotzdem Wärme und ein gutes Gefühl. Herzlichst Margot.

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