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Sonntag, 15. Mai 2016

Ein teurer Kopf und ein wohlfeiler ...

An Feiertagen hat man meistens Zeit zu relaxen und Geschichten zu lesen. Wenn es auch noch kalt ist wie heute und man bleibt im Haus, umso besser. Es muss nicht stimmen, nur meine Gedanken sind so. Deshalb wieder ein paar Geschichten.





Ein teurer Kopf und ein wohlfeiler

J. P. Hebel

Als der letzte König von Polen noch regierte, entstand gegen ihn eine Empörung, was nichts Seltenes war. Einer von den Rebellen, und zwar ein polnischer Fürst, vergaß sich so sehr, daß er einen Preis von 20 000 Gulden auf den Kopf des Königs setzte. Ja, er war frech genug, es dem König selber zu schreiben, entweder, um ihn zu betrüben oder zu erschrecken. Der König aber schrieb ihm gang kaltblütig zur Antwort: »Euren Brief habe ich empfangen und gelesen. Es hat mir einiges Vergnügen gemacht, daß mein Kopf bei Euch noch etwas gilt. Denn ich kann Euch versichern, für den Eurigen gäb' ich keinen roten Heller.«


Der Pfarrer und der Regen

Volkstümlich

In einem Dorfe begehrten die Bauern von ihrem Pfarrer, daß er ihnen einen Regen von Gott zuwege bringen sollte, weil er ihnen in der Predigt gesagt, daß der Glaub' alles vermöge. Er gab ihnen zur Antwort, er sei ein Pfarrer für alle, und nicht für etliche allein; sie sollten deswegen zusammen kommen. Als dies geschehen, fragte er einen jeden insbesondere, was er für ein Wetter begehrte. Da begehrte einer Regen, der andere schön Wetter, ein dritter halb Sonnenschein und halb Regen; und ein vierter, der nichts im Haus und wenig im Felde hatte, sagte aus Verdruß, er wolle gar kein Wetter. Da antwortete der Pfarrer: »Da ihr euch wegen des Wetters nicht eins werden könnt, so kann ich euch von Gott auch nichts zuwege bringen.«


Das betrogene Dorf

Volkstümlich

Die Bauern von Nieder-Quassow wollten doch auch einmal ein richtiges Theaterstück sehen, wie die reichen Leute in der Stadt. Als daher eines Tages ein Kerl mit einer bunten Schellenkappe auf dem Kopf durch das Dorf klingelte und ausrief, daß nachmittags um die und die Stunde in Buhlemanns großer Scheune werde ein erschrecklich lustiges Stück aufgeführt werden, »Das betrogene Dorf«, da lief, als es dunkel wurde, alles, was Beine hatte, hin, und die alte Mutter Ziegenthee nahm sich ihren Melkstuhl mit, weil sie das Zittern in den Knien hatte. Vor dem Tor der Scheune stand der Schellenmann und forderte das Geld ein, für den ersten Platz mehr, für den zweiten weniger, Kinder und Soldaten die Hälfte, es war aber keine Einquartierung im Dorf. Als nun das ganze Dorf versammelt war, bloß der lahme Jochem fehlte noch, wohl, weil er nicht so schnell heranhumpeln konnte, da rief der Schellenmann, er wolle nun rasch hinter den Vorhang springen und sich zu dem Stück umziehen, eine Viertelstunde werde es wohl dauern. So saßen die Bauern leise und laut vor dem Vorhang, den der Fremde aus sechsen von Buhlemanns Laken zusammengenäht hatte. Es dauerte zehn Minuten, es dauerte auch zwanzig, da kam endlich auch der lahme Jochem, der hatte durchs Fenster steigen müssen, weil seine Frau ihn in der Eile eingeschlossen hatte. Der Jochem fragte: »Ist das Stück noch nicht im Gang?« Die Bauern sagten: »Der Mann mit der Klingel meinte, es dauere eine Viertelstunde.« »Ja, hat er denn noch nicht aufgezogen?« fragte Jochem griemelnd weiter. »Nein!« sagten die Bauern. »Ich glaube,« fuhr Jochem fort, »er hat schon längst aufgezogen, nicht den Vorhang, sondern das ganze Dorf, und Ihr habt alle mitgespielt in dem Stück, worüber Ihr Euch so sehr verwundern wolltet!« »Wieso?« fragten die Bauern. »Ja, ich meine, der Kerl ist längst über alle Berge!« Da sprangen die Quassower hinter den Vorhang, da war es leer, aber die Hintertür stand ein wenig auf, und auf dem Boden lag die Schüssel, die der Schellenmann Buhlemann entliehen und wenigstens nicht mitgenommen hatte.
Herzlichst Margot   

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