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Donnerstag, 13. November 2014

Herbstgedanken

Heute setze ich Gedichte in mein Blog ein, die von klassischen Dichtern und von einer Dichterin der heutigen Zeit stammen. Beide Dichtungen gefallen mir sehr, auch von Anita Menger, sie wurde 1959 in Roth/ Mittelfranken geboren. Von Beruf ist sie Arzthelferin und schreibt gerne Gedichte. Und ich muss euch sagen, ich lese sie gerne, sogar sehr gerne.


Foto: Freisinger Tageblatt

Angstgebet in Wohnungsnot


Ach, lieber Gott, gib, dass sie nicht
Uns aus der Wohnung jagen.
Was soll ich ihr denn noch sagen –
Meiner Frau – in ihr verheultes Gesicht?

Ich ringe meine Hände.
Weil ich keinen Ausweg fände.
Wenn’s eines Tages so wirklich wär:
Bett, Kleider, Bücher, mein Sekretär; -
Dass das auf der Straße stände.

Sollt ich’s versetzen, verkaufen?
Ist all doch nötiges Gerät.
Wir würden, einmal, die Not versaufen,
Und dann: wer weiß, was ich tät.

Ich hänge so an dem Bilde,
Das noch von meiner Großmama stammt.
Gott, gieße doch etwas Milde
Über das steinerne Wohnungsamt.

Wie meine Frau die Nacht durchweint,
Das barmt durch all meine Träume.
Gott, lass uns die lieben zwei Räume
Mit der Sonne, die vormittags hineinscheint.

Joachim Ringelnatz


Foto: István Mihály / pixabay.com

Herbstgedanken


Das erste Frühlingslächeln,
wie lange ist es her?
Schon nähert sich der Winter,
so brummig wie ein Bär.

Der Sommer kurz und hitzig
erscheint mir wie ein Traum,
doch hängt der Duft der Rosen
noch immer süß im Raum.

Mit Lenzblut in den Adern
und Schnee auf meinem Haupt
durchstreife ich die Wälder,
die herbstlich bunt belaubt.

Anita Menger




Liedchen


Die Zeit vergeht, 
Das Gras verwelkt, 
Die Milch entsteht, 
Die Kuhmagd melkt.

Die Milch verdirbt. 
Die Wahrheit schweigt. 
Die Kuhmagd stirbt. 
Ein Geiger geigt.

Joachim Ringelnatz


Foto: Löwenzahn / www.pixelio.de

Ein Feuerwerk der Farben


Ein Feuerwerk der Farben
verzaubert unsre Welt
bis schließlich leise Blatt für Blatt
zur Erde nieder fällt.

Der Sommer winkt zum Abschied.
Herbst zieht durchs weite Land.
Mit sattem Gelb und Purpurrot
setzt er das Laub in Brand.

Herbstastern, zarte Malven
und späte Rosen blühn.
Der milde Glanz des Sonnenlichts
belebt verblasstes Grün.

Rot leuchten Vogelbeere
und Eibe – wunderschön.
Auch die orange Sanddornfrucht
ist weithin schon zu sehn.

Getreide, Obst, Gemüse
fahr´n Landwirte nach Haus
und säen auf gepflügtem Feld
den Winterweizen aus.

Für Erntesegen danken
wir auch in diesem Jahr.
Mit Frucht und Ähren reich geschmückt
sind Kirche und Altar.

… … …

Ein Feuerwerk der Farben
verzaubert unsre Welt
bis schließlich leise Blatt für Blatt
zur Erde nieder fällt.

Anita Menger



2 Kommentare:

  1. Hallo Margot,

    das Gedicht von Frau Menger gefällt mir heute am Besten :) Mit Wohnungsnot musste ich mich glücklicherweise noch nie beschäftigen, ich hoffe es bleibt mir erspart ;)

    Liebe Grüße und einen schönen Abend
    Björn :)

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    1. Björn, du hast recht, mir gefällt das Gedicht von dieser Dichterin auch am Besten. Mit der Wohnungsnot hoffe ich auch, dass ich verschont bleibe.

      Wünsche dir einen schönen Abend. Liebe Grüße, Margot.

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