Sehr gerne gehe ich auf die Seite von Ruth-Ursula Westerop, sie war eine gute Schriftstellerin, sie erzählte gerne ihre Geschichten und Gedichte und führte mich in eine Welt, die ich noch sehr klein, verloren habe.
"Liese-Lotte die beiden Stuten"
Eine wahre und traurige Geschichte.
Mit Liese-Lotte, den beiden Stuten, verbrachte ich so manche Stunde, wenn sie während der Winterzeit im warmen Stall ihr Zuhause hatten. Obwohl ich so gerade eben nur bis zu ihren Bäuchen reichte, krabbelte ich unter ihnen durch und stellte mich auf Zehenspitzen, um die so herrlich weichen Nüstern zu streicheln. Am schönsten fand ich es, wenn Liese oder Lotte sich mal hingelegt hatten. Dann konnte ich mich auf den Pferdebauch legen, den darin gurgelnden Geräuschen lauschen und den Pferdefellgeruch einatmen, oder in ihre großen, schönen Augen blicken, die alles zu wissen schienen, was so auf der Welt passiert.
Wie gerne wäre ich mal eine ganze, lange Nacht bei Liese-Lotte geblieben, doch für derart “ abstruse ” Ideen war noch nicht mal mein Opa zu haben, geschweige denn meine Eltern. Wie auch hätte ich als Kind erklären können, dass diese Tiere mir das Gefühl urhafter Geborgenheit schenkten. So ungefähr 8 Jahre mit Liese-Lotte haben im Buch meiner Kindheit nachhaltige Spuren hinterlassen, zumal es die einzigen “Pferdejahre ” meines Lebens geblieben sind.
Während der ausklingenden Winterzeit im Jahr 1941, also im März, begann sich in der kleinen Grenzstadt eine recht unheimliche Atmosphäre zu verbreiten. Man munkelte von einem bevorstehenden Krieg mit Russland und als Tag und Nacht
lange Kolonnen diverser militärischer Einheiten in Richtung Litauen durch die Grenzstadt marschierten, brauchte es auch schon keine amtliche Bestätigung des bevorstehenden Russlandfeldzuges.
Eines Tages zu jener Zeit fand ich, aus der Schule kommend, die Stalltür sperrangelweit geöffnet und von Lise-Lotte verlassen vor. Selbst alles, was zu ihnen gehörte, Zaumzeug, Decken und dort, wo sonst Stroh und Heu lagen, da war nur noch der kahle Boden zu sehen.
Ich war entsetzt und rannte heulend zu den Großeltern, die mich kaum beruhigen konnten. So ganz allmählich erklärte Oma mir, dass nun auch Liese-Lotte in den Krieg mussten, denn alle Pferde, die nicht unbedingt im landwirtschaftlichen Einsatz benötigt wurden, sie wurden requiriert und mussten, wie jeder gute Deutsche, eben auch ihre “Vaterlandspflicht” erfüllen. Mit dieser Erklärung hatten sich dann auch alle weiteren Fragen und jedes Wenn und Aber erledigt. War es doch fast eine Auszeichnung, dass meine Pferdefreunde nun Seite an Seite mit den siegessicheren Soldaten ihre Pflicht erfüllten. Aber egal, Vaterland hin, Vaterland her, Heldentum und Feld der Ehre, weder meine Großeltern oder sonst jemand haben, wenn überhaupt, so viele Tränen vergossen, wie ich, die in dem leeren Stall noch Tage danach ihre Sehnsucht gegen die Wände schluchzte.
Wie gut, dass mich die kindliche Unwissenheit damals davor bewahrt hat, nächtliche Alpträume zu bekommen. So blieb bei mir die Hoffnung, dass Liese und Lotte eines Tages wieder zurückkehren würden, vielleicht sogar als Helden.
Dass Abertausende dieser edlen Tiere auf dem Weg nach Stalingrad verbluten, verhungern, erfrieren oder einfach jämmerlich krepieren und ihren heimatlichen Stall nie wiedersehen werden, das ahnten nur die Erwachsenen.
Mit dieser Geschichte werde ich an meine sehr frühe Kindheit, in Ostpreußen/Tilsit erinnert. Trotzdem ich nicht bei Pferden gelagert habe ...
Es erinnert mich an Krieg und Flucht und schreckliche Schicksale, die ich nie mehr erleben möchte.
Einen schönen Sonntag wünsche ich euch.
Herzlichst Margot.
Für Menschen, Tiere, Pflanzen,
AntwortenLöschendas Wasser wie die Luft
bringt Krieg den Tod zum Tanzen
in des Soldaten Kluft.
Ob Pferd, ob Reiter liegen
zerfetzt für Mammons Sieg,
wenn wir nicht selbst besiegen
die größte Dummheit Krieg.
Dies ein spontaner Kurzkommentar, liebe Margot,
am trüb regnerischen Sonntagnachmittag aus Berlin.
Pardon meine Frau ruft; sie will spazierengehen.
Aber vom 06.07.2007 füge ich noch an die
Apokalyptische Elegie
Alarmsirenen. Hörst du sie ?
Ich glaub, ich hör so viel wie nie.
Von früh bis spät – und täglich gar.
Das Heulen kündet von Gefahr.
Wir heulen alle fleißig mit.
Sind wir nun mit dem Unheil quitt ?
Im Donnergroll’n, Sirenenheul’n,
Vergleichbar wie beim Tiere keul’n,
Ein Terrorist - verkleidet zwar -
Verkündet Frieden. Doch ist wahr,
Im Blute baden er und, ach,
Die seinen grad im Weltenkrach.
Ein Bad. Es scheint ein Ozean,
Schier überflutend fast vom Wahn,
Daß ungesühnt an der Natur
Ergießen kann in Wald und Flur,
Im Flusse sich, an Menschenseel’n
Die Ausgeburt... ist nicht zu zähl’n.
Was weiß der Sänger der Vernunft ?
Hat er noch eine Unterkunft ?
Sirenen rufen falsch und wahr.
Wer krümmte wem wohl bloß ein Haar ?
Moral, du solltest schweigen jetzt.
Wo kommst du her, von wem zuletzt ?
E.Rasmus
der ewige Skeptiker
Ihnen dennoch einen Sonn(en)tag
Danke lieber E. Rasmus, ich habe die Gedichte für einen späteren Zeitpunkt gespeichert. :-)
LöschenEinen schönen Sonntagabend. Herzlichst Margot.
Zu Deinem Post heute fällt mir das Lied "Wozu sind Kriege da" von Udo Lindenberg ein. Leider werden die Menschen nie vernünftig und bekriegen sich schon seit Urzeiten gegenseitig. Wir können nur beten und hoffen, dass wir eine solche Zeit nicht miterleben müssen.
AntwortenLöschenLG Eva
Du hast recht liebe Eva, wozu sind Kriege da? Ich finde keinen Sinn in ihnen, und möchte nie wieder Krieg erleben. In deine Worte stimme ich, mit ganzem Herzen, ein.
LöschenWünsche dir einen schönen Tag. Liebe Grüße, Margot.