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Freitag, 5. September 2014

Sachliche Romanze

Gestern habe ich mein "Tagebuch-Kopf" geändert, denn ich wollte mit der Jahreszeit gehen. Chrysanthemen passen ganz gut zum Herbst, finde ich. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, es ist etwas Anderes. Doch wenn ich Schreibe, dann kehre ich zu Themen zurück die mir gefallen. So geht es mir mit Erich Kästner. Großen Gefallen habe ich, noch immer, an seinen Gedichten gefunden ... sie heimeln mich an. Ich spüre den Duft, die Atmosphäre dieser Gedichte ... und empfinde ihn, als traurig schön.





Sachliche Romanze

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter, 
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wußten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.




Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken. 
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Cafe am Ort 
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.




Kleine Stadt am Sonntagmorgen

Das Wetter ist recht gut geraten.
Der Kirchturm träumt vom lieben Gott.
Die Stadt riecht ganz und gar nach Braten
und auch ein bißchen nach Kompott.

Am Sonntag darf man lange schlafen. 
Die Gassen sind so gut wie leer.
Zwei alte Tanten, die sich trafen,
bestreiten rüstig den Verkehr.

Sie führen wieder mal die alten 
Gespräche, denn das hält gesund.
Die Fenster gähnen sanft und halten
sich die Gardinen vor den Mund.


Der neue Herr Provisor lauert 
auf sein gestärktes Oberhemd.
Er flucht, weil es so lange dauert.
Man merkt daran: Er ist hier fremd.

Er will den Gottesdienst besuchen, 
denn das erheischt die Tradition.
Die Stadt ist klein. Man soll nicht fluchen,
Pauline bringt das Hemd ja schon!

Die Stunden machen kleine Schritte 
und heben ihre Füße kaum.
Die Langeweile macht Visite.
Die Tanten flüstern über Dritte.
Und drüben, auf des Marktes Mitte,
schnarcht leise der Kastanienbaum.




Bürger, schont Eure Anlagen

 Arbeit läßt sich schlecht vermeiden,
und sie ist der Mühe Preis.
Jeder muß sich mal entscheiden.
Arbeit zeugt noch nicht von Fleiß.


Arbeit muß es quasi geben.
Denn der Mensch besteht aus Bauch.
Arbeit ist das halbe Leben,
und die andre Hälfte auch.


Seht euch vor, bevor ihr schuftet!
Zieht euch keinen Splitter ein.
Wer behauptet, daß Schweiß duftet,
ist (ganz objektiv) ein Schwein.


Zählt die Arbeit zu den Strafen!
Wer nichts braucht, braucht nichts zu tun.
Legt euch mit den Hühnern schlafen.
Wenn es geht: pro Mann ein Huhn.


Manche geben keine Ruhe,
und sie schuften voller Wut.
Doch ihr Tun ist nur Getue,
und es kleidet sie nicht gut.



Laßt euch auf den Sofas treiben!
Gut geträumt ist halb gelacht.
Hände sind zum Händereiben.
Sprecht schon morgens: »Gute Nacht.«


Laßt die Wecker ruhig rasseln!
Zeigt dem Krach das Hinterteil.
Laßt die Moralisten quasseln.
Bietet euch nicht täglich feil.


Wozu macht ihr Karriere?
Ist die Erde denn kein Stern?
Tut, als ob stets Sonntag wäre,
denn er ist der Tag des Herrn.


Vieles tun heißt vieles leiden.
Lebt, so gut es geht, von Luft.
Arbeit läßt sich schlecht vermeiden, -
doch wer schuftet, ist ein Schuft!





4 Kommentare:

  1. Liebe Margot, ich finde auch, dass Chrysanthemen sehr gut zum Herbst passen. Das Gedicht über die Kleine Stadt am Sonntagmorgen gefällt mir heute am Besten von Deiner Auswahl. Es passt irgendwie so richtig gut zum Kleinstadtleben.
    LG Eva

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    1. Liebe Eva, ich freue mich, dass dir auch Chrysanthemen im Herbst gefallen.
      Die Gedichte von Erich Kästner gefallen mir alle, aber das Gedicht "Kleine Stadt am Sonntagmorgen" ist sehr anheimelnd. Danke.
      Liebe Grüße, Margot.

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  2. Hallo Margot,

    mir gefällt Dein neuer "Tagebuch-Kopf" auch sehr gut - so schöne Farben, wirklich schön.

    Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende
    Björn :)

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    1. Hallo Björn, vielen Dank für deine lieben Worte. :-)
      Ja, ich mag auch Farben und Blumen.
      Liebe Grüße, Margot.

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