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Donnerstag, 7. April 2016

Sang an die Frühkartoffel

Verse von Fred Endrikat habt ihr bestimmt schon gelesen, wenn nicht woanders, dann bestimmt bei mir. Sein Humor, der mir so gefällt, lässt auch den Frühling auf besonderer Art aufleben. Der nachfolgende Vers zeigt es euch ...


Sang an die Frühkartoffel

Die ersten Veilchen sind für das Gemüt,
im jungen Frühling, wenn die Finken schlagen,
doch wenn der Sommer in die Lande zieht,
der Frühkartoffel klingt mein schönstes Lied,
aus allertiefstem, dankerfülltem Magen.

Sie hat uns in der höchsten Not erfreut,
wenn alle Reste schon zu schwinden drohten.
Sie hat den Glauben wiederum erneut,
und wenn auch nur mit Körnlein Salz bestreut,
wir grüßten sie als ersten Ernteboten.

Wenn auf dem Teller vor uns, dampfend heiß,
die Frühkartoffel ruht so zart und mehlig,
im Petersilienschmuck ihr Alabasterweiß,
da lacht das Herz, der Mund spricht Lob und Preis,
der Bauch hat ausgeknurrt und lächelt selig.

Wie herrlich, wenn sie uns entgegenrollt,
frisch aus der braunen, warmen Erdenscholle.
Sie ist uns mehr als blankes, pures Gold.
Es sei ihr unser Gruß und Dank gezollt,
der lehmbeklebten Frühkartoffelknolle.

Fred Endrikat

Blick aus der Tonne

Betrachte ich die Welt aus meiner Tonne,
so ist sie unwahrscheinlich kunterbunt.
Gleich einer goldnen Ampel strahlt die Sonne
in mein Palais, durch jenen kleinen Spund.

Aus diesem Spund floß einst in edler Klarheit
geläutert alter, abgeklärter Wein,
jetzt dringt die tiefste, schönste Lebenswahrheit
durch diesen gleichen Spund zu mir hinein.

Du lernst den Schein der Welt erkennen und verachten,
lernst unterscheiden Echtes von dem Schund,
die kleinsten Dinge liebend zu betrachten,
lernst du mit klarem Blick, durch diesen Spund.

Der Krönungswagen wird zum Gauklerkarren
in der Arena, flitterhaft und bunt,
die Höflingsschar ein Häuflein eitler Narren.
So ist die Welt, gesehn durch diesen Spund.

Komm, setz dich nieder zu mir in die Tonne
und freue dich aus tiefstem Herzensgrund.
Ihr andern aber, geht uns aus der Sonne,
verdunkelt nicht durch Unverstand den Spund.

Fred Endrikat


Der Großstadtbaum

Ein Baum steht in der großen Stadt,
wo er nur wenig Sonne hat,
verlassen und alleine.
Von Osten her ein schmaler Gang,
von Westen her ein Schienenstrang,
von Süd und Nord nur Steine.

Ich blieb oft vor dem Baume stehn.
Er hat mich schweigend angesehn,
als wollte er mich grüßen.
Die Wurzeln unter dem Asphalt,
sie sehnten sich nach einem Wald,
wie ich mit müden Füßen.

Der Baum schaut mir in das Gesicht,
als wollte er mit seinem Licht
mir einen Trost bereiten.
Er muß hier Jahr um Jahre stehn
und hatte nie ein Reh gesehn
und all die Herrlichkeiten.

Bist du auf einen Platz gestellt.
der dir nicht sonderlich gefällt,
dann denk an die Akazie.
Wenn dich das Schicksal nicht verpflanzt,
dann halte aus, so gut du kannst,
und dulde still, mit Grazie.

Fred Endrikat




2 Kommentare:

  1. Margot, wieder wunderschöne Gedichte.
    Heute gibt es bei mir Frühkartoffeln mit Kräuterquark.
    Ich wünsche dir einen guten Start ins Wochenende
    Irmi

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  2. Guten Morgen liebe Irmi,
    dein Essen wird in Gedanken auch mir schmecken. :-)
    Hab einen schönen Tag.
    Liebe Grüße, Margot.

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