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Dienstag, 12. April 2016

Sich in die Höhle des Löwen wagen

Es gibt noch so viele Redewendungen, die ich nicht kenne, also geht es heute weiter. Der meiste Text stammt von Fee Krämer, dafür ein herzliches Dankeschön.
Nun, aufgepasst:


Redewendung: Sich in die Höhle des Löwen wagen


TEXT VON 
Diese Redewendung geht zurück auf eine Fabel, die, von einem alten Löwen:

So alt ist er, dass ihm das Jagen inzwischen schwer fällt. Aber denken kann er noch recht gut, also überlegt er sich eine List. Er lässt verkünden, dass er krank sei und bald sterben werde. Er, als König der Tiere, will sich nun von seinen Untertanen verabschieden. Und so ruft er alle Tiere auf, zu ihm zu kommen und Abschied von ihm zu nehmen. Gehorsam statten die Tiere ihrem Herrscher einen letzten Besuch ab. Manche bringen gar Geschenke mit!

Zuletzt erscheint der Fuchs vor der Höhle. Neugierig schaut er hinein und vernimmt die raue Stimme des Löwen, die ihn auffordert, die Höhle zu betreten. Der Fuchs allerdings zögert - vor der Höhle hat er viele Tierspuren entdeckt: die des Hasen und des Igels, eine Spur des Dachses und auch die Krallenabdrücke der Krähe sind dabei. Was den Fuchs aber wundert: Alle Spuren führen in die Höhle hinein - doch keine führt wieder hinaus. Der schlaue Fuchs begreift schnell, dass der alte Löwe seine leichtgläubigen Besucher verspeist hat. Also macht er vor dem Höhleneingang kehrt.

Wer sich sprichwörtlich "in die Höhle des Löwen" traut, wagt also eine tollkühne Tat und begibt sich damit nicht selten auch in Gefahr.


Jemanden ausnehmen wie eine Weihnachtsgans

TEXT VON FEE KRÄMER
Plätzchen, Schokolade oder Braten - die Festtage sind oft Fresstage. Es wird geschlemmt, bis der Weihnachtsmann kommt. Was die traditionelle Weihnachtsgans aber mit einem Menschen zu tun hat, der schamlos ausgenutzt wird, erfahrt ihr hier.

Gekrönt wird das große Schlemmen in manchen Familien am 24. Dezember mit einer großen Weihnachtsgans. Stundenlang wird sie im Ofen geschmort - die leckere Füllung ist bei vielen Köchen ein Geheimrezept. Um Platz für die Füllung zu schaffen, entnimmt man der Gans vorher alle inneren Organe. In der Sprache der Köche heißt das "ausnehmen". Wer von jemandem "wie eine Weihnachtsgans ausgenommen" wurde, der ist also in schamloser Weise ausgebeutet worden. Ihm wurde nichts mehr gelassen - genau wie der "leeren" Gans.


Redewendung: Einen Vogel haben


Wer sprichwörtlich einen Vogel hat, ist ein bisschen verrückt

Ein Nest voller zwitschernder kleiner Vögelchen mitten im Kopf - kein Wunder, dass da kein klarer Gedanke aufkommen mag. 

Das ist zwar eine seltsame Vorstellung, aber die Redewendung "der hat doch einen Vogel" wird oft benutzt, wenn Menschen etwas Dummes erzählt oder getan haben. Früher wurde dieser Ausspruch jedoch nur zu geisteskranken Menschen gesagt. 

Es war nämlich ein alter Volksglaube, dass Geistesgestörtheit von Vögeln ausgelöst wurde. Allerdings nicht dadurch, dass die Menschen Tauben züchteten oder Kanarienvögel und Wellensittiche besaßen. Nein, damals wurde angenommen, dass die Vögel direkt im Gehirn nisten sollten. Und wenn dann jemand etwas tat, was die anderen nicht nachvollziehen konnten, dann hatte der wohl einen Vogel - im Kopf. 


Genau so erklärt sich übrigens auch der Ausspruch "Bei dir piept es wohl"!

Die Redewendung "In die Binsen gehen"


Die Redewendung "In die Binsen gehen" stammt ursprünglich aus der Jägersprache und bedeutet, dass man etwas verloren hat oder dass ein Projekt misslungen ist. Als Binsen werden die hohen Pflanzen und Gräser am Ufer eines Sees bezeichnet, die ein gutes Versteck für Enten und andere Wasservögel bieten. Droht den Tieren Gefahr - wenn sie zum Beispiel ein Jäger schießen möchte - verbergen sie sich im Schilf. Hier sind sie sowohl für den Jäger als auch für dessen Jagdhund unauffindbar. 

Geht ein Vogel also in die Binsen, so verliert der Jäger ihn aus den Augen und muss sein Vorhaben, ihn zu erlegen, aufgeben. Im Laufe der Zeit ist dieser Ausdruck in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen, so dass wir ihn heute manchmal benutzen, wenn wir etwas verlieren oder uns eine Sache einfach nicht gelingen will. 


Die Redewendung "Sturm im Wasserglas" 

Die Redewendung "Sturm im Wasserglas" bezieht sich auf einen kleinen Anlass, um den große Aufregung gemacht wird – oder auch "viel Wirbel um Nichts". Unter einem Sturm versteht ihr bestimmt ein Unwetter mit starkem Regen und Wind. Aber könnt ihr euch den in einem Wasserglas vorstellen? 

Die Redensart "Ein Sturm im Wasserglas" geht auf den französischen Schriftsteller Montesquieu zurück. Dieser beschrieb die politischen Unruhen im Kleinstaat San Marino in Honoré de Balzacs Erzählung "Der Pfarrer von Tours" im 18. Jahrhundert als "une tempête dans un verre d'eau", also "einen Sturm im Wasserglas". In Deutschland wurde der Ausdruck 1930 durch eine gleichnamige Komödie des Schriftstellers Bruno Frank bekannt. 


Redewendung: Schreib dir das hinter die Ohren

"Das machst du nie wieder! Schreib dir das hinter die Ohren!" Wenn jemand etwas bloß nicht vergessen soll, dann soll er es sich sprichwörtlich "hinter die Ohren" schreiben. So verlangen es zumindest viele Erwachsene von Kindern. Und genau daher kommt auch diese Redewendung. 
Früher (also vor etwa drei bis vier Jahrhunderten) war es nämlich so, dass Eltern ihre Kinder zu wichtigen Anlässen mitnahmen: Zum Beispiel zu Grundsteinlegungen, Einweihungen oder ähnlich bedeutenden Gelegenheiten. Dann waren die Kinder ihre Zeugen und sollten der Nachwelt von diesem wichtigen Ereignis erzählen. 

Weil es aber die meisten Kinder nicht wirklich interessiert, was bei solchen Vertragsabschlüssen geredet wird, und die Eltern aber wollten, dass sie trotzdem aufpassen, haben diese sich ein nützliches Mittel einfallen lassen. Die Erwachsenen zogen den Kindern einfach an den Ohren oder ohrfeigten sie, damit sie sich noch lange an dieses feierliche Ereignis erinnern. Dadurch haben sie es ihnen also direkt "hinter die Ohren geschrieben". Gut, dass diese Zeiten vorbei sind...


Redewendung: Unter Dach und Fach

"Dass wir ab nächstem Schuljahr ein breiteres und besseres Angebot an Schulessen haben werden, steht jetzt fest. Der Vertrag mit unserer Essensanlieferung ist unter Dach und Fach", verkündete der Schulleiter stolz bei der Zusammenkunft mit den Klassensprechern.

Das ist erfreulich! Doch woher rührt eigentlich die Redewendung "etwas unter Dach und Fach bringen"? Schließlich haben Schulessen und Verträge wenig mit "Dächern und Fächern" zu tun.

Was mit dem "Dach" gemeint ist, versteht auch heute jeder. Und "Fach" steht 
für "Fachwerk", eine stabile Konstruktion aus Holzbalken, die man jahrhundertelang zum Hausbau verwendete. Die Zwischenräume wurden mit einem Gemisch aus Lehm und Stroh ausgefüllt – fertig war die Hauswand, die auch einfach "Fach" genannt wurde: Dach und Fach zusammen ergaben also das Haus. Und das war schon immer ein besonderer und sicherer Ort, vor allem, weil es Schutz vor Regen und Kälte bietet.


Wenn wir also heute sagen, dass etwas "unter Dach und Fach sei", meinen wir, eine Sache sei zu einem glücklichen Ende gekommen. Zum Beispiel ein Vertrag für die Lieferung von gutem Schulessen!


Die Redewendung "Bauklötze staunen"

Die Redewendung "Bauklötze staunen" ist erstmals im frühen 20. Jahrhundert in Berlin aufgekommen. Dort sagte man "Jlotzen machen", wobei "Jlotzen" eine Kurzform von "Jlotzoogen" ist. Beides bedeutet im Hochdeutschen so viel wie "Glotzaugen". Aus "Jlotzen machen" wurde im Laufe der Zeit "Jlotzen staunen", bis auch "Jlotzen" schließlich durch das fränkische Wort "Klozzer" ersetzt wurde. Nach vielen Jahren der Überlieferung, bei der der Ursprung der Redewendung in Vergessenheit geraten ist, hat sich die Formulierung in unserer jetziges "Bauklötze staunen" entwickelt. 

Die Redensart "Bauklötze staunen" ist also aus dem Ausspruch "Glotzaugen machen" entstanden. Noch heute staunen wir Bauklötze, wenn wir unseren Augen nicht trauen wollen. 



So, hier mache ich wieder für heute Schluss, möchte nicht meinen oder euren Kopf überfordern.




4 Kommentare:

  1. Liebe Margot,
    da hast Du Dir aber viel Arbeit und Mühe gemacht und hast wirklich sehr schöne Posts über Redewendungen erstellt. Ich mag diese bildlichen Formulierungen sehr. Sie bereichern unsere Sprache. Es ist schade, dass uns oftmals ihre Entstehungsgeschichte nicht mehr bewusst ist. Danke, dass Du diese Lücke geschlossen hast.
    Hab einen schönen Tag und sei herzlich gegrüßt
    Astrid

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    1. Liebe Astrid, diese Redewendungen sind in Fleisch und Blut übergegangen ohne zu bemerken, dass es Redewendungen sind. Sie gehören zum normalen Sprachgebrauch. Dabei sind die Entstehungsgeschichten besonders interessant.
      Danke, dass du dir immer solche Gedanken über die Themen machst.
      Wünsche dir einen wundervollen Mittwoch und grüße dich herzlichst, Margot.

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  2. Liebe Margot,
    tolle Erklärungen zu den altbekannten
    Redewendungen.
    Einen schönen Abend wünscht dir
    Irmi

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    1. Liebe Irmi,
      vielen Dank. Wünsche dir auch einen schönen Abend und danach, einen guten Schlaf.
      Liebe Grüße, Margot.

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